- Wohnhaus
- Wohn|haus 〈n. 12u〉 Haus mit einer od. mehreren Wohnungen; Sy Wohngebäude
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Wohn|haus, das:vgl. ↑ Wohngebäude.* * *
Wohnhaus,dem Menschen als Wohnstätte dienendes Gebäude, das - nach Funktion (Ein- und Mehrfamilienhaus, Gemeinschaftswohnhaus, Heim), nach Form (frei stehendes oder eingebautes Wohnhaus; Flach-, Mittelhoch-, Hochbau) sowie Besitzverhältnissen (Eigenheim, Eigentumswohnung, Mietshaus) unterschieden - in zahlreichen verschiedenen Typen errichtet wird, die sich ihrerseits in langen Entwicklungsprozessen aus zeitlich und örtlich wechselnden Lebensformen herausgebildet haben, z. B. Atriumhaus (Atrium), Außenganghaus, Bungalow, Einfamilienhaus, Mietshaus, Reihenhaus, in außereuropäischen Kulturen u. a. Langhaus, Pueblo. In der Gegenwart stehen dabei soziale Verpflichtungen und Programme (Eigenheim- oder Siedlungsbau; Massenwohnbau mit sanitären und hygienischen Mindestanforderungen, sozialer Wohnungsbau), wirtschaftlicher Forderungen (Rentabilität, Bodennutzung oder -spekulation) sowie städtebauliche Überlegungen einander oft widersprüchlich gegenüber und zwingen fast immer zu politisch motivierten Grundsatzentscheidungen, durch die zusätzlich zu den bestehenden bautechnischen, baupolizeilichen und hygienischen Vorschriften für Bauträger (Bauherr, Baugesellschaft) und Ausführenden (Architekt, Bauunternehmer) oft wesentliche Teile der gesamten Bauaufgabe vorfixiert werden. Für den Bau von Wohnhäusern stehen heute moderne Materialien und Konstruktionsweisen zur Verfügung; der in allen Ländern bestehende Bedarf an billigem Wohnraum hat überall zur Anwendung von modernen Bauweisen (Vorfabrikation, Fertigteil- und Montagebau) sowie zu ihrer Weiterentwicklung gezwungen.Geschichtliches:Die in den seit 1820/30 rasch wachsenden städtischen Randzonen immer häufiger vertretene bürgerliche Villa orientierte sich ebenso am adligen Gartenpalais wie die städtischen Bürgerhäuser an den Stadtpalais adliger Familien, deren Fassaden sie mit einfachen Mitteln zu kopieren versuchten, deren reiche Innengliederung aber im Hinblick auf die angestrebte Vermietbarkeit mehrerer Geschosse so umgestaltet wurde, dass neben ein bis zwei Wohnungen im ersten Obergeschoss in den übrigen fünf bis sechs Obergeschossen jeweils drei bis vier entsprechend kleinere Wohnungen vorhanden waren; neu war dabei, dass seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bei ständiger Verbesserung sanitärer und stadthygien. Einrichtungen (Kanalisation, Müllabfuhr, Frischwasser- und Gasversorgung u. a.) immer stärker funktionelle Überlegungen die Grundrissbildung bestimmten und so die bisherige Austauschbarkeit der Einzelräume durch zunehmende Funktionsbindung ersetzt wurde. Die Fassadengestaltung erfolgte zunächst in klassizistischem Stil, dann in Stilformen des Historismus und um 1900 des Jugendstils. Gleichzeitig entstanden in den rasch wachsenden Arbeitervororten und in einzelnen Gebieten der Altstädte Mietskasernen.Gegenüber diesem spekulativen Massenwohnungsbau spielten die seit 1830/40 einsetzenden Bemühungen um eine Verbesserung der Arbeiterwohnungen zahlenmäßig zunächst nur eine sehr geringe Rolle (1841 in London: Association for Improving the Dwellings of the Industrial Classes; 1846 in Berlin: Verein zur Verbesserung von Arbeiterwohnungen).In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden dann in fast allen europäischen Ländern - vielfach auf Initiative einzelner Industrieller und oft in Werksnähe gelegen - Arbeitersiedlungen mit unterschiedlichen Wohnhaustypen (u. a. Saltaire bei Leeds seit 1850; Cités Ouvrières in Mülhausen und Lille seit 1853; Kruppsiedlungen in Essen seit 1871). Sir Ebenezer Howard (* 1850, ✝ 1928) propagierte seit 1898 die Gartenstadt. Wenn auch alle diese Bemühungen nicht ausreichten, das Wohnraumproblem zu lösen, so wurden doch bis etwa 1900, oft in intensivem Zusammenwirken von Politikern, Architekten und Ökonomen, zahlreiche neue Vorschläge zur Bewältigung vieler städtebaulicher und organisatorischer Einzelfragen erarbeitet (Fluchtliniengesetz, Gesetze zur Gestaltung von Bebauungsplänen; rechtliche Regelung für Baugenossenschaften u. a.); ebenso erprobte man neue Grundrissformen und Herstellungsverfahren sowie neue Materialien (z. B. Entwicklung des Zweispänner-Mietshaustyps; Anwendung von Stahlbetonkonstruktionen im Wohnhausbau durch A. Perret).Die schon vor dem Ersten Weltkrieg erkennbare Tendenz zum Verlassen der Großstadt führte zunächst zum Bau von Nebenerwerbssiedlungen mit einfachen Kleinhaustypen, später zur Anlage stärker verdichteter Reihenhaussiedlungen, in denen das besonders wirtschaftliche zweigeschossige Reihenhaus mit Achsmaßen zwischen vier und sieben Metern und Flach- oder Satteldach in Zeilen- oder Doppelzeilenbauweise mit großem Erfolg eingesetzt wurde (u. a. Siedlungen in Frankfurt-Römerstadt, Karlsruhe-Dammerstock, Dessau-Törten, Berlin-Britz, Rotterdam-Kiefhoek).Mit zunehmender wirtschaftlicher Konsolidierung verlagerte sich das Schwergewicht bald wieder stärker auf den Mietshausbau. Zum Standardwohnungstyp wurde hier der bereits im Arbeiterwohnhausbau vieler gemeinnütziger Baugenossenschaften entwickelte Zweispänner, in dem bei Nord-Süd-Ausrichtung der Hauszeile beiderseits eines Innenflures auf der einen Seite Küche, Bad und Kinderzimmer und auf der anderen Seite Wohn- und Schlafzimmer lagen. Obwohl man zwecks gleichmäßiger Besonnung aller Wohnungen auch für diese Typen den Zeilenbau forderte (Berlin-Siemensstadt), wurde vielfach aus städtebaulichen Überlegungen heraus (Bildung von geschlossenen Straßenräumen sowie von Garteninnenhöfen) die traditionelle Blockbebauung beibehalten, oft allerdings mit Unterbrechung der zusammenhängenden Blockfronten oder mit erdgeschossigen Durchgängen, um die Gartenhöfe optisch miteinander zu verbinden (Wohnviertel in Hamburg von F. Schumacher; Wien, Karl-Marx-Hof u. a.).Ein neuer Wohnhaustyp der Zeit um 1920/30 war das für Kleinfamilien sowie für Ledigenheime bestimmte Außenganghaus. - Auf Initiative des Deutschen Werkbundes entstand 1927 die Weißenhofsiedlung in Stuttgart als internationale Wohnausstellung. Neben verbesserten Baumethoden, sachlichen und zweckentsprechenden Wohneinrichtungen wurden u. a. neue Wohnformen vorgestellt: versetzbare Wandelemente, verschieden aufteilbare Wohnungen oder Unterteilung einer dem Wohnen dienenden Raumfolge durch Schiebewände zu Schlafräumen. Ein Ausbildungsschwerpunkt des Bauhauses lag in der Planung typisierter Wohnhäuser vom Einfamilienhaus bis zur mehrgeschossigen Wohneinheit.Im Lauf der Entwicklung wurden Hochhäuser in Zusammenhang mit Gemeinschaftseinrichtungen (Ladengeschoss, Restaurant, Freizeiteinrichtungen u. a.) entworfen. Le Corbusier prägte den Begriff »Wohnmaschine«, um den funktionellen Grundriss einer Wohnung zu betonen, und entwickelte in mehreren Projekten verdichtete Wohnformen. 1947-52 realisierte er den ersten Prototyp einer »Unité d'Habitation« in Marseille, eine 17-geschossige Wohneinheit für etwa 1 600 Bewohner mit Ladengeschoss und Restaurant in der Gebäudemitte und Dachterrasse mit Freilichttheater, Kindergarten und Freizeiteinrichtungen.Die Entwicklung der 1930er-Jahre in den USA führte bis zur Vorfertigung ganzer Gebäudeteile, die nach dem Transport montiert wurden, ferner zur Anwendung flexibler Grundrisse (F. L. Wright).Nach der Schließung des Bauhauses 1933 und der Diffamierung der modernen Architektur verließen zahlreiche Architekten Deutschland. Der nationalsozialistischen Ideologie entsprechend förderte man bodenständige, handwerklich orientierte Wohnformen in Kleinsiedlungen.Nach 1945 wurde in den entwickelten Industrieländern der Wiederaufbau v. a. im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus vorangetrieben. Um im Wohnungsbau zu wirtschaftlichen Ergebnissen zu kommen, reduzierte man die Wohnungsgrößen (Kleinstwohnungen) und ging zu rationeller Herstellung in Serie über. Während einerseits verdichtete Wohnformen in Cityrandbereichen weiterentwickelt wurden, versuchte man andererseits in den Innenstädten durch Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen in älteren Wohngebieten erhaltenswerte Substanz zu retten (in der DDR und anderen sozialistischen Ländern vernachlässigt).Als Ergebnis der verstärkten Normierung von Wohnbedürfnissen und der daraus resultierenden Suche nach Alternativlösungen (nach insgesamt größeren Wohnhäusern, die vielseitig nutz- und veränderbar sind) wurden neue Baustrukturen entwickelt (u. a. Hügel- und Terrassenhaus mit hohem Wohnwert durch großen Terrassenanteil, Appartementbau mit fließenden Raumzusammenhängen und optischen Erweiterungen der Räume). In steigendem Maße hat auch die Einrichtungsindustrie Wohnbedürfnisse beeinflusst (Entwicklung von Küchencentern, Sanitärblöcken, Wohnkuben, Wohnlandschaften). Wachsende Bedeutung erhält der ökologische Wohnhausbau.Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:Bauernhaus · Bürgerhaus · Hochhaus · moderne Architektur · ökologisches Bauen · Plattenbauweise · Stadt · Städtebau · WohnungsbauDas Haus, hg. v. E. Camesasca (a. d. Ital., 1971);Gesch. des Hauses, hg. v. E. Camesasca: (a. d. Ital., 1986);B. Lewicki u. a.: Wohngebäude aus Beton u. Stahlbeton (a. d. Poln., 1971);Verdichtete Wohnformen. Appartement-, Reihen-, Gruppen-, Terrassen-, Wohnhochhäuser, hg. v. S. Nagel u. a. (1974);W. Meyer-Bohe: Neue W. (1982);W., hg. v. H. Hafer (1990);J. C. Bürkle: W. der klass. Moderne (1994);W. Lewitzki: Wohnhäuser aus Holz. Die kostengünstige Alternative (31994);H. Lerch: W.-Erweiterungen. Anbauten - Aufbauten - Ausbauten (Neuausg. 1997).* * *
Wohn|haus, das: vgl. ↑Wohngebäude.
Universal-Lexikon. 2012.